Das Buch der Häuserherrscher (alle Rechte beim Chiron-Verlag und bei den Autoren)
Leseprobe 1:
Einstieg
Lohnt sich die Deutung von Herrscherbeziehungen?
'Ihr Astrologen müsst doch wirklich immer um fünf Ecken herum
denken!' - so ähnlich kommentiert der interessierte Laie meist den Versuch, ihm in
kurzen Worten ein paar Zusammenhänge aus seinem Horoskop heraus zu erklären. Recht hat
er! Einem Außenstehenden mag es geradezu selbstquälerisch erscheinen, wie viele Faktoren
gewissenhafte Sterndeuter in ihren geplagten Köpfen hin und her bewegen, bis sie sich
schließlich - fast widerwillig - zu einer konkreten Schlussfolgerung durchringen.
Rentiert sich denn diese geistige Akrobatik überhaupt? Unserer Meinung nach nur dann,
wenn die Einbeziehung eines zusätzlichen Horoskopfaktors - in diesem Fall der
Herrscherbeziehungen - auch einen maßgeblichen Gewinn an neuer Information über den
Horoskopeigner einbringt.
Wer Astrologie vertieft erlernen will, ist zunächst mit einer
ungeheuren Vielfalt von Deutungsfaktoren konfrontiert, welche ihm das Aussortieren von
Wesentlichem nicht gerade leicht macht. Astrologie-Einsteiger sind froh, wenn sie
Tierkreiszeichen, Planeten und Aspekte halbwegs verstanden haben, um dann ihren
Bekanntenkreis mit bahnbrechenden Erkenntnissen zu verblüffen. Auch hierfür ist ja
bereits die Lektüre einiger Standardwerke und nicht gerade wenig kombinatorisches
Geschick erforderlich. Aber das Glück dieser Verständnisebene währt normalerweise nicht
lange, denn erst ab einem Schwierigkeitsgrad, bei dem der Normalverbraucher längst das
Interesse verloren hat, wird es für den Prototyp des Astrologen bzw. der Astrologin
so richtig spannend: Während andere vielleicht lieber meditieren, will er in erster Linie
begreifen, und zwar das gesamte Horoskopgefüge! Um eben dieses vertiefte
Verständnis zu erreichen, muss er sich spätestens jetzt mit der Viertelung des Horoskops
durch Aszendenten- und MC-Achse sowie mit den zwölf Häusern (Feldern) auseinandersetzen.

Abbildung 1
Mars steht im siebten Haus und herrscht im elften Haus
(Widder).
oder: Mars als Herrscher von 11 in 7
Im Horoskop - als einer Momentaufnahme des Himmels am Ort der
Geburt - kommt zwangsläufig dem Häusergerüst eine überragende Bedeutung zu. Ein Planet
in seinem Tierkreiszeichen hat für sich genommen keinerlei Ortsbezug und ist auch
in zeitlicher Hinsicht wenig spezifisch, d.h. der Mars im Steinbock sagt bestenfalls etwas
über die weltweite Zeitqualität einiger Wochen aus und dementsprechend wenig
Typisches über all die Menschen, welche in diesem Zeitraum weltweit geboren sind. Erst
die Zuordnung zu den erdbezogenen Häusern ermöglicht auch individuelle
Interpretationen hinsichtlich der Dinge, mit denen sich ein ganz bestimmter Mensch in
seinem irdischen Leben beschäftigt. Bei unserer häuserorientierten Deutung
bleiben die Tierkreiszeichen aber keineswegs außen vor: Gerade indem ich nicht nur
betrachte, in welchem Horoskophaus der Mars steht, sondern auch den Zusammenhang
mit demjenigen Haus herstelle, wo Mars aufgrund seines wesensverwandten Zeichens Widder an
der Hausspitze herrscht, erhält das Tierkreiszeichen die Wichtigkeit, die ihm
zusteht. Die beiden beteiligten Häuser (besetztes und beherrschtes Haus) gehen über das
Bindeglied Planet/Zeichen sozusagen eine Zweck-Beziehung ein, und es treten Wechselwirkungen
zwischen den Themenbereichen dieser beiden Horoskophäuser auf. Wo ein Planet steht,
beschreibt seine vordergründige Orientierung, wo er herrscht, gibt
Aufschluss
über mehr oder weniger bewusste Motive, die mit dieser vordergründigen Orientierung
verfolgt werden oder Lebensbereiche, die zwangsläufig mitberührt sind. Der etwas
mittelalterlich anmutende Begriff 'herrschen' ist dabei weniger im Sinne einer Monarchie
aufzufassen. Wenn wir sagen 'Es herrscht Streit.', meinen wir in diesem Augenblick ja auch
keine Person, sondern bestimmte Lebensbedingungen, Prägungen oder Grundstimmungen. Das
Zeichen Widder an der Hausspitze 11 kann genauso für eine Streit-Thematik stehen, wie der
Planet Mars im siebten Haus. Wenn der Horoskopeigner - plakativ ausgedrückt - sowohl mit
seiner Freundin (siebtes Haus) als auch mit Gesinnungsgenossen (elftes Haus)
des öfteren streitet (Mars/Widder), warum sollte er sich dann nicht gleich eine
Freundin aus seiner Gewerkschaftsgruppe suchen, und beide reden sich nächtelang die
Köpfe heiß über das gerechteste Tarifmodell?
Die Beantwortung unserer Eingangsfrage, ob es für die Deutung lohnend
oder aber entbehrlich sei, sich dieses Geflechts von Wechselwirkungen zu bedienen, bleibt
natürlich jedem astrologisch Tätigen selbst vorbehalten. Sowohl bei einer Beratung wie
auch in der Selbstanalyse zählt das Ergebnis und nicht in erster Linie der methodische
Weg, den ich einschlage. Für unsere Herangehensweise an das Radix stellen die
Herrscherverbindungen sozusagen das Salz an der Suppe dar und lassen die Konturen
des Horoskopeigners klarer hervortreten. |
|